Die U`s: Früherkennungsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche
Ist mein Kind gesund? Entwickelt es sich normal und altersgerecht? Diese und viele andere Fragen stellen sich wohl alle Eltern. Antworten zu vielen Fragen erhalten Sie bei den Gesundheitsuntersuchungen für Kinder und Jugendliche: U1 bis U9 und J1.
Egal wie viele Bücher Eltern über frühkindliche Entwicklung gelesen haben, ist es trotzdem schwer zu beurteilen, ob das eigene Kind gesund ist und sich altersgerecht entwickelt. Gerade die ersten Lebensjahre sind besonders wichtig für die gesundheitliche Entwicklung. In der Kindheit werden die Weichen gestellt für das spätere körperliche und seelische Wohlbefinden. Aus diesem Grund gibt es in Deutschland ein besonderes Untersuchungsprogramm für Kinder, das Sie und Ihr Kind von der Geburt bis zum 17. Lebensjahr begleitet: die Früherkennungsuntersuchungen oder auch U-Untersuchungen genannt. Insgesamt umfassen sie zehn ärztlichen Behandlungen: U1 bis U9 inklusive der U7a, die 2008 eingeführt wurde. Im Teenager-Alter schließt dann die J1-Untersuchung an. Die Kosten für die Inanspruchnahme aller Untersuchungen und der empfohlenen Schutzimpfungen für Kinder und Jugendliche übernimmt Ihre BKK. Ebenso befreit sind Sie von Zuzahlungen bei Rezepten.
All diese Untersuchungen dienen dazu, Krankheiten und Fehlentwicklungen körperlicher und psychischer Art so früh wie möglich zu erkennen und gegebenenfalls unmittelbar zu behandeln. Denn je früher Fördermaßnahmen beziehungsweise Therapien vom betreuenden Kinderarzt eingeleitet werden, desto besser und nachhaltiger sind die Heilungschancen für das Kind. Gleichzeitig bieten die regelmäßigen Untersuchungstermine Ihnen die Möglichkeit, Ihrem Kinderarzt Fragen rund um die Gesundheit und Entwicklung Ihres Kindes, z. B. zur Ernährung, zu Kinderkrankheiten oder Impfungen, zu stellen und sich beraten zu lassen.
Jede U-Untersuchung hat ihren optimalen Zeitraum, denn die Früherkennung von möglichen Entwicklungsproblemen ist nur in bestimmten Altersspannen Erfolg versprechend. So liegt beispielsweise der Termin für die U3 in der vierten bis sechsten Lebenswoche, um eine Fehlstellung der Hüftgelenke rechtzeitig zu erkennen und ggf. mit hoher Aussicht auf Erfolg behandeln zu können.
Im Folgenden informieren wir Sie über jede U-Untersuchung im Detail. Mit dem Vorsorgekalender können Sie schnell und einfach herausfinden, welche Untersuchung als nächstes bei Ihrem Kind ansteht. Sollten Sie weitere Fragen zu den Untersuchungen haben, wenden Sie sich an Ihren Kinder- und Jugendarzt oder sprechen Sie mit Ihrer BKK.
Unmittelbar nach der Geburt wird das Neugeborene gewogen, gemessen und es wird untersucht, ob alle lebenswichtigen Funktionen in Ordnung sind.
Mit dem APGAR-Test wird der Zustand des Babys nach der Geburt festgehalten: Atmung, Puls, Grundtonus, Aussehen und Reflexe. Sollte der APGAR-Wert etwas niedrig sein, ist dies noch kein Anlass zur Sorge, denn auch gesunde Babys können etwas Zeit benötigen, um sich von der Geburt zu erholen. Zusätzlich werden folgende Untersuchungen vorgenommen:
- Untersuchung des Neugeboren auf äußerlich erkennbare Fehlbildungen.
- Da Säuglinge häufig einen Vitamin-K-Mangel haben, erhalten sie zur Vorbeugung, in der Regel bei den ersten drei Früherkennungsuntersuchungen, jeweils zwei Milligramm Vitamin K als Tropfen. Vitamin K ist wichtig für die Blutgerinnung. Zu wenig Vitamin K kann zu einer erhöhten Blutungsneigung und zu Hirnblutungen führen.
- Eine Blutuntersuchung wird durchgeführt, um Stoffwechselerkrankungen rechtzeitig zu erkennen. Für diese Blutuntersuchung wird dem Neugeborenen aus der Ferse oder aus einer Vene ein kleiner Blutstropfen entnommen.
- Innerhalb der ersten drei Lebenstage wird ein Hörscreening zur Früherkennung von Hörstörungen durchgeführt.
Toleranzgrenze: 3. bis 14. Lebenstag
Die U2 ist die erste kinderärztliche Grunduntersuchung. Falls die Blutentnahme zur Feststellung bestimmter Stoffwechselstörungen noch nicht gemacht wurde, wird diese jetzt durchgeführt. Wenn Sie mit Ihrem Baby schon zu Hause sind und die U2 in der kinderärztlichen Praxis durchgeführt wird, organisieren Sie so früh wie möglich einen Termin, denn die Blutuntersuchung muss spätestens bis zum vollendeten zehnten Lebenstag erfolgen.
- Untersucht werden alle Körperregionen, die Organe, das Skelettsystem, die Mundhöhle sowie die Sinnesorgane.
- Ihr Baby erhält nochmals Vitamin-K-Tropfen, um gefährlichen Blutungen vorzubeugen.
- Es wird überprüft, ob bei Ihrem Kind der Hörtest für Neugeborene bereits durchgeführt wurde. Gegebenenfalls wird der Test jetzt nachgeholt. Ein eventuell auffälliges erstes Testergebnis sollte jetzt durch einen erneuten Hörtest kontrolliert werden.
Außerdem bespricht Ihre Kinderärztin oder Ihr Kinderarzt mit Ihnen die Rachitis-Vorbeugung durch Vitamin D und die Vorbeugung von Karies durch Fluorid. Säuglinge sind noch nicht in ausreichendem Maße in der Lage Vitamin D im Körper selbst zu bilden. Zur Vorbeugung von Rachitis, einer Krankheit, bei der sich die Knochensubstanz erweicht und das Skelett verformt, erhalten Säuglinge im ersten Lebensjahr täglich eine Vitamin-D-Tablette. Das Vitamin wird ab der zweiten Lebenswoche gegeben.
Toleranzgrenze: 3. bis 8. Lebenswoche
Oftmals wurden die ersten beiden Untersuchungen U1 und U2 direkt von den Ärztinnen und Ärzten in der Geburtsklinik vorgenommen. Spätestens ab der U3 finden alle Untersuchungstermine (bis U9) in einer kinderärztlichen Praxis oder dem örtlichen Gesundheitsamt statt. Bei der U3-Untersuchung werden, wie bereits bei der U1 und U2, erneut die Organe sowie die körperliche Entwicklung Ihres Babys untersucht. Dabei wird besonders auf folgendes geachtet:
- den Ernährungszustand und das Gewicht,
- das Trinkverhalten,
- ein altersgerechtes Bewegungsverhalten,
- die Stellung der Hüftgelenke,
- die Augenreaktion und das Hörvermögen sowie
- die Schlafgewohnheiten.
Zusätzlich erhalten Sie Informationen zu den Themen Impfprogramm, Ernährung, Vorbeugung des plötzlichen Säuglingstodes und Unfallprophylaxe.
Immer alles im Blick – das gelbe Kinderuntersuchungsheft
Mit der Erstuntersuchung – kurz U1 – erhalten Sie in der Regel auch das Kinderuntersuchungsheft, auch Gelbes Heft genannt, in dem alle Ergebnisse der einzelnen Untersuchungstermine vom behandelnden Kinderarzt eingetragen werden. Daher ist es sinnvoll und wichtig, das Heft gut aufzubewahren und zu jedem Untersuchungstermin mitzunehmen.
Die Kinderarztpraxis als jahrelanger Begleiter
Lassen Sie die Früherkennungsuntersuchungen möglichst immer von der selben Person vornehmen. Diese lernt über die sechs Jahre, die Ihr Kind zu den Vorsorgeuntersuchungen gehen sollte, sowohl den kleinen Schützling als auch sein familiäres Umfeld kennen. Das erleichtert die Beurteilung von Auffälligkeiten und Befunden. Und auch für Ihr Kind wird es angenehmer sein, zu dem schon bekannten Arzt oder Ärztin zu gehen, als sich in der ohnehin unangenehmen oder aufregenden Situation, auf jemand Unbekannten einzustellen.
Toleranzgrenze: 2. bis 4½. Lebensmonat
Um weiterhin sicher zu gehen, dass sich Ihr Baby körperlich und geistig altersentsprechend entwickelt, steht im kommenden 3. bis 4. Lebensmonat die Früherkennungsuntersuchung U4 auf dem Programm. Dabei werden vor allem Motorik, Skelett und Nervensystem untersucht. Im Einzelnen wird überprüft, ob Ihr Baby:
- auf Zuwendung mit einem Lächeln reagiert,
- den Kopf schon kurze Zeit in Bauchlage hochhalten kann,
- aufmerksam auf Geräusche reagiert,
- ein Spielzeug mit den Augen verfolgen und in der Hand halten kann,
- möglicherweise schielt.
Toleranzgrenze: 5. bis 8. Lebensmonat
Ein halbes Jahr ist Ihr Baby nun alt und so langsam wird es richtig spannend - erster Brei, erste Zähnchen und wachsende Neugier, Beweglichkeit und Eigeninitiative bestimmen nun den Alltag Ihres Kindes. Bei der U5 testet die Kinderärztin oder der Kinderarzt ausführlich die altersgerechte Bewegungsfähigkeit und Geschicklichkeit. Ganz konkret wird überprüft, ob Ihr Kind:
- sich ohne Hilfe vom Rücken auf den Bauch drehen kann,
- sich in Bauchlage mit den Händen abstützt,
- Blickkontakt zu anderen Personen aufnimmt,
- auf Geräusche reagiert und
- Töne und Laute von sich geben kann.
Besprochen werden außerdem die Themen Ernährung und Mundhygiene.
Toleranzgrenze: 9. bis 14. Lebensmonat
Auch bei der jetzt fälligen U6 im 10. bis 12. Lebensmonat stehen neben der allgemeinen Gesundheit die aktuellen Entwicklungsschritte Ihres Babys im Fokus. Unter anderem geht es dabei um:
- das selbstständige Essen und die Verdauung,
- das Hören, Sehen und „Sprechen“ und
- die Bewegungsentwicklung (Krabbeln, Hochziehen, erste Schritte) Ihres Kindes.
Toleranzgrenze: 20. bis 27. Lebensmonat
Die U6 liegt bereits ein Jahr zurück, so dass es Zeit ist für eine gründliche Kontrolluntersuchung – die U7 zwischen dem 21. und 24. Lebensmonat. Geprüft werden die Entwicklungsschritte des letzten Jahres. Hierzu gehört zum Beispiel, ob Ihr Kind:
- alleine gehen, sich bücken und wieder aufrichten kann,
- richtig hören und sehen kann,
- Gesprochenes versteht und auf einfache Fragen reagiert und
- einfache Zweiwortsätze bilden kann.
U7a – Untersuchung 34. bis 36. Lebensmonat
Toleranzgrenze: 33. bis 38. Lebensmonat
Die U7a wurde 2008 eingeführt und wird ebenfalls von Ihrer BKK bezahlt. Im Mittelpunkt stehen dabei das Erkennen und Behandeln von Sehstörungen sowie die sprachliche und körperliche Entwicklung. Fallen der Ärztin oder dem Arzt Entwicklungsverzögerungen auf, werden mit Ihnen mögliche Behandlungsmaßnahmen wie z. B. Logopädie oder Ergotherapie besprochen.
Toleranzgrenze: 43. bis 50. Lebensmonat
Seit der letzten U-Untersuchung sind gut 10 Monate vergangen und da Ihr Nachwuchs in dieser Zeit riesige Entwicklungsschritte gemacht hat, sollte wieder eine umfangreiche Kontrolle stattfinden. Ihr Kind wird dabei von Kopf bis Fuß auf seine altersgerechte Entwicklung hin untersucht. Zum Beispiel wird der Arzt dieses Mal:
- Augen und Ohren kontrollieren,
- einen Zuckertest durchführen,
- Zähne und Kiefer begutachten,
- die körperliche Beweglichkeit und Geschicklichkeit testen und
- Sprachentwicklung, Kontaktfähigkeit, Sozialverhalten und Selbstständigkeit überprüfen.
Sollte Ihr Kind in einem Bereich, beispielsweise bei der Sprachentwicklung, Unterstützung brauchen, wird der Kinderarzt Sie über geeignete Maßnahmen beraten – frühzeitig entdeckt, kann in jedem Fall sehr viel getan werden.
Toleranzgrenze: 58. bis 66. Lebensmonat
Nicht mehr lange, und Ihr Kind kommt in die Schule und damit steht die letzte Vorsorgeuntersuchung im Kindesalter an. Ihre Kinderärztin oder Ihr Kinderarzt wird dabei alle Organe untersuchen sowie die Schulfähigkeit beurteilen und im Einzelnen:
- das Seh- und Hörvermögen,
- die Konzentrationsfähigkeit,
- die Körperhaltung,
- das Sprachverhalten,
- das Sozialverhalten und
- die Selbstständigkeit Ihres Kindes prüfen.
Die U9 ist besonders wichtig, da mögliche Entwicklungsverzögerungen noch vor Schuleintritt aufgedeckt und mit den richtigen Maßnahmen behandelt werden können.
Die letzte Vorsorgeuntersuchung ist nun vier Jahre her und Ihr Kind wird sich enorm verändert haben – körperlich wie auch geistig. In der J1 Untersuchung wird nun überprüft, ob Ihr jugendliches Kind auf dem Weg ins Erwachsenenalter eine normale Pubertätsentwicklung durchläuft. So wird zum Beispiel kontrolliert, ob die geistige Entwicklung Ihres Kindes auf dem richtigen Stand ist oder es Anzeichen für eine psychische Störung gibt, und ob es durch den Wachstumsschub möglicherweise zu einer Fehlhaltung gekommen ist. Auch Themen wie Essstörungen, Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum werden vom Arzt oder Ärztin angesprochen.
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